Abt.: Stadtrundfahrt

Diesmal Stuttgart

Diesmal also Stuttgart. Der Kultur wegen. Und weil ich noch nie in Stuttgart war.

Stuttgart

Nun gut, vor vielen, vielen Jahren bin ich da schon mal ausgestiegen, habe einige Zeit rund um den Bahnhof verbracht und bin dann weiter nach Nagold. Nagold? Werdet ihr euch fragen. Nagold war in den 80ern quasi das Epizentrum des Hardcore. Aber das ist eine andere Geschichte(1).

Also Stuttgart, das mögen die Stuttgarter sicher nicht hören, aber ich muss sagen, besonders hübsch ist die Stadt nicht. Zur Entschuldigung muss man sagen, über 60% der Innenstadt und immerhin noch über 50% der restlichen Stadt sind weg gebombt worden. Was die Alliierten nicht geschafft haben, das hat - wie in anderen Städten auch - die phantasielose Nachkriegsarchitektur und die modernen Alpträume aus Beton, Stahl und Glas erledigt.

Zwischendrin steht mal ein altes Haus oder ist eine ganze Häuserzeile erhalten. Da bekommt man einen Eindruck oder besser einen Hauch einer Ahnung, wie hübsch und ansehnlich die Stadt einmal gewesen sein muss.

Wenn man auf solch ein Ensemble stösst, ist man geneigt ihm zu zurufen "so geht das aber nicht, ihr müsste euch schon ins Stadtbild einfügen". Aber eigentlich möchte man jedes einzelne Haus umarmen und herzen und sich an ihnen den geschundenen ästhetischen Sinn erwärmen.

Stuttgart 21

Eine der grössten Sehenswürdigkeiten ist natürlich das Projekt Stuttgart 21. Reist man mit dem Zug an, braucht man auch nicht lange zu suchen. Bereits am Bahnsteig Ende wird man von der monumentalen Baustelle in Empfang genommen. Und man kommt ihm nicht aus. Will man in die Stadt, zu U- oder S-Bahn, muss man unweigerlich um die Baustelle herum. Man möchte meinen, Stadt und Deutsche Bahn sind ganz besonders stolz darauf, die Innenstadt mit einer der grössten Baustellen, die die Republik zu bieten hat, zu beglücken.

Ob das die Stuttgarter auch so sehen? Ich habe keine Umfrage gestartet. Als Gast ist man natürlich ergriffen. Von den Ausmassen und davon, dass man locker 10 Minuten extra einplanen muss, um vom Bahnhof nach irgendwo oder von irgendwo zum Bahnhof zu kommen.

Panoramastraße

Stuttgart ist sehr hügelig. Ein Alptraum für Fahrradfahrer. Oder willkommenes Trainingsgebiet für die Tour de France, wenn man so will. Die Hügel verteilen sich in der ganzen Stadt und sie umringen sie. So dass es im Sommer für den Smog zum Beispiel kein entrinnen gibt. Der hält sich länger und hartnäckiger als in anderen Städten.

Man entkommt den Hügeln nicht. Also frohen Mutes den nächst besten Hügel erklommen. Am Ende dieser Treppe verspricht eine Panoramastraße einen Blick über die Stadt. Nun, die Panoramastraße bietet kein Panorama, die abschliessende Birkenwaldstraße(2) hingegen schon.

Die Panoramastraße weiss schon, warum sie kein Panorama bietet. Denn das Panorama ist größtenteils ernüchternd, wenn nicht deprimierend. So weit das Auge reicht Betonburgen.

Carls Brauhaus

Dinkelacker, davon hatte ich schon gehört. Wirklich etwas verbinden konnte ich damit bisher nichts. Jetzt schon. Dinkelacker machen ein wirklich gutes Helles. In Carls Brauhaus(3) vom Fass genossen hat es mich begeistert. Dazu etwas typisch schwäbisches: Spätzle und Linsen mit Saitenwürsten, also Wienern. Ich sag mal so, das Bier war das bessere.

Kraftpaule

Natürlich suche ich nach Bier und natürlich finde ich Bier. Beim Kraftpaule(4) zum Beispiel. Da gibt es Bier. Jede Menge. Da müsste man mehr Zeit mit bringen. Mehr Zeit hatte ich nicht, muss es mit weniger gehen. Schnell ein Helles und ein Pils. Beides Kraftpaule Biere. Beide gut. Kann man trinken, kann man weiter empfehlen. Kann man sagen, wenn ihr in Stuttgart seid, besucht Kraftpaule.

Und dann das: Vocation Matcha Stout(5)

Vocation Matcha Stout... da ist Mousseochocolat drinnen. Und Karamell auch. Das riecht... da möchte man seinen Rüssel nicht mehr aus dem Glas nehmen. Wie das riecht. Vor dem geistigen Auge entsteht eine Mokka-Schokocreme mit crunchy Stückchen. Da hat man fast Angst vor dem ersten Schluck. Angst dass der Geschmack enttäuscht. Tut er nicht. Wahnsinn, das ist eine Nachspeise. Da sollte man einen Dessertlöffel dazu reichen. Ich bin hin und weg.
Was ich da definitiv nicht schmecke: Matcha. Ich war kurz davor zu fragen, ob ich das richtige Bier bekommen habe.

Was ich schmecke: Mokka-Schokocreme mit crunchy Stückchen und Karamell. Wenn euch also Vocation Matcha Stout irgendwo über den Weg läuft, lasst es nicht weiter laufen. Fangt es ein und geniesst es.

Eine himmlisch dunkle Verzauberung, dem gibt es nichts hinzu zu fügen.

Museum

Wenn das Wetter so mittelmässig, also regnerisch, windig und kalt ist, sucht man gerne mal ein Museum auf. Zum Beispiel das Naturkunde Museum(6) am Löwentor. Da wird die Geschichte des Trias recht anschaulich und kindgerecht aufbereitet. Also auch für mich geeignet.

Mammut

Habt ihr das gewusst? Ich nicht. Das Alter eines Mammuts lässt sich an den Zähnen ablesen. Jetzt fragt mich nicht, wie man das früher gemacht hat. So einem wilden Mammut in den Mund zu schauen war bestimmt kein einfaches Unterfangen. Die halten ja nicht einfach still.
Jedenfalls ist das so, Mammuts haben - ähnlich wie wir - Milchzähne und bleibende Zähne. Funktionieren tut das allerdings ganz anders als bei uns. Die Milchzähne fallen nicht aus und die bleibenden Zähne bleiben nicht. Die Zähne nutzen sich ab. Und zwar der Reihe nach. Erst die Milchzähne und sind die abgerieben, schieben sich die nächsten Zähne nach. Sind die dann abgekaut, dann ist das für das Mammut ganz doof. Dann kann es nämlich nicht mehr kauen und verhungert. Gut, über Altersschwäche und all den Kram, den das Alter sonst so mit sich bringt, braucht sich ein Mammut nicht so Gedanken machen.

Entsprechend haben wir es hier mit einem Mammut in seinen besten Jahren zu tun. 35 bis 37 etwa.

Hier hingegen ein älteres Exemplar. Da ist von den letzten Zähnen nicht mehr viel übrig. Der hat es bald hinter sich.

Tatsächlich verhält es sich aber so, der jüngere Mammut hat Pech gehabt, denn er ist jung gestorben. Der ältere hingegen hat sein Leben gelebt. Denn es ist in Wirklichkeit so, dass niemand einem lebenden Mammut in den Mund geschaut hat. Das habt ihr euch sicher schon gedacht. Nicht zuletzt deswegen, weil es den Menschen gar nicht so wichtig war, wie alt ein Mammut war. Wichtig war, wie viel Fleisch es auf den Knochen hat und was sich mit den Knochen alles anfangen lässt.

Warum Stuttgart

Natürlich stellt sich die Frage: Warum Stuttgart? Nun, ich wurde dorthin eingeladen, um der vielleicht letzten Premiere von Gardi Hutter beizuwohnen. Ich kannte Gardi Hutter bislang nicht. Und ich muss sagen, ein Abend mit ihr auf der Bühne ist ein unterhaltsamer Abend.
Was Gardi Hutter macht? Sie macht ungefähr dieses:

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(1) Nagold: Konzerte, Bands, Fanzine und Vertrieb. Eng damit verbunden der Name Armin Hofman. Leider viel zu früh verstorben, war er Mäzen, Förderer und stets Bescheidene Triebfeder der Szene. Ob seines Mailorders X-Mist oder seiner sehr unterbewerteten Band Skeezicks. So wurde mir die Ehre zu teil, einen Abend mit den Skeezicks im Übungsraum zu verbringen. Unvergessen. Unvergessen auch ein besonderer Gast: Mikel Board von Artless.
(2) Falls jemand fragen sollte, an der Birkenwaldstraße habe ich weder Birken gesehen, noch einen Wald.
(3) [Carls Brauhaus]
(4) [kraftpaule]
(5) [Vocation]: Matcha Stout
(6) [Naturkunde Museum am Löwentor]